Lehrstück Maredo: Wem die Betriebe gehören, der hat das Recht
„Maredo“ steht nicht nur für leckere T-Bone-Steaks, sondern auch für prekäre Arbeitsbedingungen. Hinter der Fassade verstecken sich Spitzelei durch Privatdetektive, ein Überfall auf die Mitarbeiter und ein langer Prozess vor dem Arbeitsgericht. Im Dezember 2011 wurde nahezu die gesamte Belegschaft der Maredo-Steakhaus-Filiale in der Frankfurter Fressgass geschasst (zusammen-info berichtete). Nach einer kommandomäßigen Aktion von Vorgesetzten (hauptsächlich aus der Düsseldorfer Hauptverwaltung), von willigen und einsatzfreudigen Juristen und von einigen Sicherheitskräften (am 26.11.11) hatte etwa ein Drittel der Belegschaft „freiwillig“ selbst gekündigt, die meisten anderen wurden in den darauf folgenden Tagen gekündigt. Die Kollegen, die Widerstand leisteten, taten dies in mehrfacher Hinsicht: Sie informierten die Öffentlichkeit, sie fanden Mitstreiter in der Solidaritäts-Arbeit, und sie versuchten den juristischen Weg. Sie wollten ihre Existenz retten, und sie wollten ihr Gesicht wahren.
Anfangs war die Berichterstattung durchaus wohlwollend. Als Maredo dann seine Propaganda-Maschinerie anlaufen ließ, und über spezielle Presserechts-Kanzleien mit erheblichen Kosten für die Redaktionen drohte, wurde die Öffentlichkeitsarbeit über die bürgerlichen Medien mühselig. Die Illusion der freien Medien war geplatzt. Der juristische Weg zur Gerechtigkeit hat sich ebenfalls als äußerst schwierig erwiesen: Kurz nach der Maredo-Aktion hatten 14 Kollegen die Akteure wegen Freiheitsberaubung und Nötigung angezeigt. Während die Zeugen bereits lange von der Polizei befragt wurden, fielen die Beschuldigten dadurch auf, dass sie im Zusammenspiel mit ihren Anwälten Aussagen erheblich hinauszögerten, wenn nicht gar ganz verhinderten. Dahinter steckte das Kalkül, einem Gerichtsverfahren gänzlich aus dem Wege gehen zu können.
Arbeitsrechtlich sieht es auch nicht einfach aus. Erst mal hatte ja Maredo Fakten geschaffen: Die fristlosen Entlassungen. Die Kollegen mussten sich auf den Ämtern darum kümmern, dass sie und ihre Familien überleben konnten. Hinzu kam, dass sie durch die Kündigungen juristisch zu Einzelschicksalen wurden. Sammelklagen und gar kollektive Aktionen sieht das bürgerliche Recht nicht vor. In der ersten Instanz vor dem Frankfurter Arbeitsgericht hatten die Kollegen keine Chance. Dies wurde verstärkt, durch ein Zusammenspiel von Inkompetenz, Ignoranz und mangelnder Empathie von Richtern und Anwälten. Das Recht auf Ausbeutung und das Recht auf Eigentum für die Kapitalisten wiegt schwerer als zwanzig oder dreißig Jahre Arbeit eines Arbeiters. Natürlich waren dies keine Willkür-Urteile, dies hat sich alles innerhalb des normalen rechtlichen Rahmens abgespielt. Es gab eine Gewohnheit, die es den Kollegen erlaubt hatte, übriggebliebenes Brot zu essen. Dies wurde nun als Diebstahl bezeichnet – und vom Richter auch als solcher anerkannt. Außerdem wurde den Kollegen vorgeworfen, ihr Essen nicht in der Kasse gebongt zu haben. Dies wurde ihnen vorgeworfen, nicht nachgewiesen. Der Richter legte auch keinen großen Wert auf Beweise der Arbeitgeber. Am Ende sei eben einfach das Vertrauensverhältnis gestört – das reicht für eine Kündigung nach teilweise über 20 Jahren Betriebszugehörigkeit. Der Prozess war ein Musterbeispiel für die Arbeitsrechtsprechung: wer das Geld und die Betriebe besitzt, der hat Recht.
Gegen einen Kollegen hat sich Maredo bisher noch nicht durchsetzen können: er ist Mitglied des Betriebsrats und Assistent der Betriebsleitung. Im Gegensatz zu vielen Kollegen ist er weiß und deutsch. Ihm wurde vorgeworfen, er hätte die Aufsichtspflicht vernachlässigt. Trotz vorläufiger Niederlagen lassen sich die Maredo-Kollegen nicht entmutigen. Mit ihren Unterstützern aus der Soli-Gruppe und gestärkt von der Gewerkschaft NGG stehen sie weiter jeden Samstag in der Fressgasse.
Ein Ex-Mitarbeiter von Maredo und Mitglied von Zusammen e.V.